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Emigration

Edgar Sigmund Apolant

geb. am 13.07.1894 in Posen
gest. am 19.11.1956 in New Hempstead/New York

Mitglied der DGIM 1925 bis 1933

Das Leben von Edgar Sigmund Apolant (jun.) als Arzt war geprägt von seinem Vater Sanitätsrat Edgar Apolant (sen.), der mit der Bankierstochter Emma Wolf verheiratet war. 1903 zog Edgar Apolant, vor allem im Sommer begleitet von seiner Ehefrau und den Kindern, nach Bad Kissingen. Dort ließ er an der Menzelstraße 8 ein Sanatorium errichten, das 1906 fertig gestellt war und schon 1912/13 erheblich erweitert wurde. Das Sanatorium war im Winter (November bis Februar) geschlossen. Die vom Judentum zum Protestantismus konvertierte Familie behielt ihren ersten Wohnsitz in Berlin.1

Studium in München

Edgar Sigmund Apolant studierte ab dem Sommersemester 1914 in München Medizin.2 Das Studium wurde durch den Krieg unterbrochen. Eingezogen in eine Nachrichten-Abteilung war er am Kriegsende Leutnant. Für seine Verdienste wurde er mit dem Eisernen Kreuz II. Klasse sowie mit dem Orden „Türkischer Eiserner Halbmond“ ausgezeichnet.3 Nach dem Krieg setzte er sein Studium der Medizin zunächst in München, dann in Würzburg fort. Hier legte er 1923 sein Examen ab.4 1924 erhielt er seine Approbation.5

Während des Studiums lernte Apolant die Doktorandin Valeska Feuerstak kennen. Beide heirateten im Juni 1923 in Bad Kissingen, ließen sich aber schon 1926 wieder scheiden. Noch im selben Jahr heiratete Apolant die aus Wiesbaden stammende Protestantin Hilda Güssefeld.6

Leiter des Bad Kissinger „Sanatoriums Dr. Apolant“

Edgar Sigmund Apolant übernahm 1929 im Alter von 35 Jahren das auf Innere Medizin und Diäten spezialisierte Bad Kissinger Sanatorium nach dem Tod seines Vaters. Bald zeichnete sich ab, dass das „Sanatorium Dr. Apolant“ in der NS-Zeit nicht wie gewohnt weiter geführt werden konnte. Es durften dort nur noch Jüdinnen und Juden behandelt werden.7

Emigration nach New York

1935 entschloss sich Edgar Apolant zur Emigration. Am 26. September 1936 ging er in Antwerpen an Bord des Passagierschiffs „SS Gerolstein“. Am 8. Oktober 1936 lief das Schiff in den Hafen von New York ein.8 Apolant ließ sich im nahen Port Washington nieder und erhielt 1953 die amerikanische Staatsbürgerschaft.9 Er fand Anstellungen am Manhasset Medical Center sowie am North Shore Hospital in Manhasset auf Long Island/New York. Darüber hinaus war er als Allgemeinmediziner tätig. Er wurde Mitglied der „American Academy of General Practice“.10 1939 zog er an die Westküste, wo er die Stellung des leitendenden Arztes am gehobenen Arrowhead Springs-Sanatoriums bei San Bernardino/Kalifornien übernahm.11

Später kehrte Apolant, der im Dezember 1938 in Mount Vernon/New York ein drittes Mal geheiratet hatte, an die Ostküste zurück. Seine in Reval geborene Frau war die Estin Ida Freja Inga Stokkebyen.12 Am 19. November 1956 starb Edgar Sigmund Apolant in New Hempstead/New York im Alter von 62 Jahren.13

Leid der Angehörigen

In Bad Kissingen zurück blieben zunächst Edgar Sigmund Apolants Mutter Emma und seine Tante Ella, die 1871 geborene Schwester seines Vaters. Emma führte auch nach der Emigration ihres Sohns das Sanatorium, wurde aber immer stärker schikaniert. Im Frühjahr 1938 hatte sie außen und innen Schilder mit der Aufschrift "Jüdisches Haus" anzubringen. Im Oktober 1938 wurde ihr die Konzession entzogen. Das Sanatorium gelangte gegen ihren Willen zur Zwangsversteigerung und für einen deutlich zu niedrigen Preis an die Bayerische Vereinsbank. Im Juli 1941 schaffte es die fast Siebzigjährige, über Barcelona nach New York zu ihrem Sohn zu fliehen. Sie starb im Dezember 1948 in New York.14 Noch schlimmer erging es ihrer Schwägerin Ella. Sie war seit der Gründung des Sanatoriums Dr. Apolant dort als Empfangsdame beschäftigt und konnte dies bis Oktober 1938 bleiben. Dann zog sie nach Frankfurt in die Rückertstraße 53, von wo sie am 15. September 1942 ins Ghetto Theresienstadt verbracht wurde. Dort kam sie 1944 ums Leben. Heute erinnert vor dem Gebäude des Sanatoriums Dr. Apolant ein „Stolperstein“ an sie.15


Quellennachweise

Vgl. Hans-Jürgen Beck/Rudolf Walter, Jüdisches Leben in Bad Kissingen, Bad Kissingen 1990, S. 91; vgl. www.biografisches-gedenkbuch-bk.de.Vgl. Personalstand der Ludwig-Maximilians-Universität München, Sommerhalbjahr 1914, München, 1914 S. 64.Vgl. Personalstand der Ludwig-Maximilians-Universität München, Sommerhalbjahr 1919, München, 1919, S. XIII, S. LVI.Vgl. Deaths, in: Journal of the American Medical Association 163,8 (1957), S. 670–673, S. 671.Vgl. Reichsmedizinalkalender 1931, S. 314.Vgl. www.biografisches-gedenkbuch-bk.de.Vgl. Beck/Walther, Jüdisches Leben, S. 91. Zur Verdrängung der jüdischen Kurgäste und Ärzte vgl. ebd. S. 83–99.National Archives at Washington, D.C. Records of the Immigration and Naturalization Service. Passenger and Crew Lists of Vessels Arriving at New York, 1897–1957. Year: 1936, Arrival: New York, Microfilm Serial: T715, 1897–1957, Microfilm Roll: 5881, Line: 2; S. 208. Vgl. New York Times, 08.10.1936, S. 21.National Archives and Records Administration (NARA); Washington, D.C.; Index to Naturalization Petitions of the United States District Court for the Eastern District of New York, 1865–1957, Microfilm Serial: M1164, Microfilm Roll: 30, Nr. 5723888Vgl. Deaths, 1957, S. 671.Vgl. The Los Angeles Times, 15.12.1939, S. 50; The San Bernardino County Sun, 22.5.1940, S. 13.Vgl. www.biografisches-gedenkbuch-bk.de.New York Department of Health, Deaths 1956, S. 3, Todesurkunde Nr. 74332.Vgl. www.biografisches-gedenkbuch-bk.de.Vgl. Sigismund von Dobschütz, Ella Apolant (1871–1944), Empfangsdame, Menzelstraße 8, in: www.badkissingen.de, einges. 10.11.2019. Vgl. auch www.biografisches-gedenkbuch-bk.de.

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