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Emigration

Anselm Horowitz

geb. am 09.06.1895 in Buczacz/Galizien (heute: Ukraine)
gest. am 14.06.1950 in Ruthin Castle/Wales

Mitglied der DGIM 1931 bis 1933

Anselm (Anczel) Horowitz wuchs als ältestes von vermutlich vier Kindern des Ehepaars Fishel Horowitz und Sofia geb. Rapp in Buczacz auf. Seine spätere Ehefrau Eva geb. Markowicz (1898–1971) war eine Cousine von Simon Wiesenthal (1809–2005).1

Nach seinem Abitur am I. Staatsgymnasium Czernowitz diente Horowitz im Ersten Weltkrieg als Sanitätssoldat des Österreichischen Bundesheers. 1919 ging er nach Wien, um dort Medizin zu studieren. Fünf Jahre später wurde er approbiert und am 13. Juli 1925 nach drei strengen Rigorosenprüfungen promoviert.2

Die Causa Park-Sanatorium Bad Goisern

1927 erwarb Horowitz gemeinsam mit Jeanette Markowicz das Park-Sanatorium in Bad Goisern und übernahm dessen Leitung. In den Folgejahren geriet er zunehmend ins Visier antisemitischer Anfeindungen und sah sich nach dem „Anschluss“ Österreichs im März 1938 einer gezielten Politik der Verfolgung und Enteignung ausgesetzt. Horowitz wurde als „jüdischer Eigentümer“ zur Aufgabe des Sanatoriums gezwungen. Mit dem Ziel einer „baldigsten Arisierung“ setzte die Gemeinde zum 1. Juni einen kommissarischen Verwalter ein. Unter den Kaufinteressenten befand sich auch der ehemalige General der Infanterie Alfred Krauss (1862–1938), der das Parksanatorium in ein „arisches Kriegererholungsheim“ umwandeln wollte und der Gemeinde bereits am 5. April 1938 in einem Schreiben empfohlen hatte, „den jüdischen Besitzer zu beseitigen“.3 Horowitz wurde unter Berufung auf die „Verordnung über den Einsatz jüdischen Vermögens“ enteignet. Ein offizielles Ausbürgerungsverfahren wurde am 16. Juni 1941 eingeleitet.4

Emigration nach Großbritannien

Im August 1938 floh Horowitz mit seiner Ehefrau Eva, die bis dato in Bad Goisern als Zahnärztin praktiziert hatte, und den beiden Kindern Martin (1927–1999) und Erika (*1933) nach Großbritannien. Die Familie kam zunächst in Castletown, Isle of Man, bei den Eltern des britischen Medizinstudenten F.W. Sheperd unter, der Horowitz bei seinem Auslandsstudium in Wien kennengelernt hatte.5 Trotz Bedenkens der lokalen Ärzteschaft, die sich auf einen bereits vorherrschenden Ärzte-Überschuss berief, erhielt Horowitz die Erlaubnis, die für den Erhalt der britischen Approbation notwendigen Prüfungen in Schottland abzulegen.6 Zur Vorbereitung auf das britische Examen arbeitete er ab April 1939 für einige Monate als Assistenzarzt an der Royal Infirmary Sheffield. Am 8. November 1940 wurde ihm das medizinische Lizentiat von den Universitäten Edinburgh und Glasgow erteilt. Anschließend ließ er sich als Arzt in Murray’s Road, Douglas (Isle of Man), nieder.7

1942 übernahm Horowitz eine Praxis in Ellesmere, Woodbourne Road, Douglas, und arbeitete als Allgemeinmediziner.8 Ursprüngliche Pläne, nach Ende des Zweiten Weltkriegs als Facharzt für Rheumatologie tätig zu werden, scheint er nicht realisiert zu haben. In der Praxis waren Ehefrau Eva als Medical Assistant sowie Henriette Rose (1896–1962), die ebenfalls aus Österreich geflohen war, als Surgery Assistant Nurse angestellt.9

Im April 1947 wurde Horowitz und seiner Familie die britische Staatsbürgerschaft zuerkannt. Horowitz war Mitglied der British Medical Society. Als er im Alter von 55 Jahren verstarb, wurde er auf dem jüdischen Friedhof in Long Lane, Liverpool beigesetzt.10

Nach dem Tod ihres Mannes übernahm Eva Horowitz interimsweise die Praxis. 1952 zog sie nach Caterham bei London und wurde wieder als Zahnärztin in der Eastman Clinic tätig. Sohn Martin studierte Medizin in Cambridge und Manchester und wurde Hals-Nasen-Ohren-Arzt (1962 Member and Fellow of the Royal College of Surgeons), Tochter Erika wurde nach ihrem Studium an der Liverpool University Zahnärztin in Castletown.11


Quellennachweise

Wiener Wiesenthal Institut für Holocaust-Studien (VWI), VWI–SWA, III.2.1.24, Korrespondenz Varia, Buchstabe W, zu Horowitz Cousine.Universitätsarchiv (UA) Wien, Med. Nat. Sign. 537, SS 1919 H bis Sign. 111, WS 1923/24 H (1.–10. Sem.); UA Wien, Med. 12.4 Hauptrigorosenprotokoll, S. 264; UA Wien, M 33.12. Prom. Prot. Med. Xll1923-29, P.-Nr. 1199.Oberösterreichisches Landesarchiv (OÖLA) Linz, Arisierungen, Schachtel 12, Zahl 19: „Entjudung“ des Parksanatoriums Goisern, Inhaber Anselm Horowitz und Jeanette Markowicz, S. 275: Schreiben Alfred Krauss an den Bürgermeister der Gemeinde Bad Goisern (Pg. Hinterer), 5. April 1938 (Abschrift). Krauss verstarb am 29. September 1938 in Bad Goisern.OÖLA Linz, Arisierungen, Schachtel 12, Zahl 19: „Entjudung“ des Parksanatoriums Goisern, Inhaber Anselm Horowitz und Jeanette Markowicz, S. 31: Schreiben Geheime Staatspolizei Staatspolizeistelle Linz an den Reichsstatthalter in Oberdonau – Abteilung für Entjudungen – in Linz/Donau. Im Zuge einer Rückerstattung erhielt Horowitz seinen Grundbesitz 1948 zurück; vgl. Siegfried Pramesberger, Goiserner Gemeindestraßen, Ortschafts- und Wanderwege, die nach Persönlichkeiten benannt wurden, in: Journal der Marktgemeinde Bad Goisern 6/1 (2005), S. 18.Manx National Heritage, MS 14462, Horowitz family papers relating to fleeing Austria in 1938, settling on the Isle of Man and later financial compensation, Newspaper Article “Austrian doctor became respected local character”, Isle of Man Examiner 9th Aug 2005.Vgl. The Guardian, 29th Oct 1938, p. 6.Vgl. Glasgow Medical Journal 134 (1940), S. 219; Manx National Heritage, MS 09310, Isle of Man Constabulary Filling, File 903-9-RVgl. UK Medical Register 1943, S. 769; UK Medical Register 1947, S. 827.Manx National Heritage, MS 09310, Isle of Man Constabulary Filling, File 903-9-R.Jewish Genealogy Society of Great Britain: JewishGen.org (einges. 2.2.2021); Wellcome Trust, London, England, Collection: The Medical Directory, 1942; Reference: b21330724_i13766405; General Register Office, England and Wales Civil Registration Indexes, London, England & Wales, Civil Registration Death Index, 1916–2007, Ruthin District, Denbighshire County, Deaths registered in April, May and June 1950, S. 363.Wiener Wiesenthal Institut für Holocaust-Studien (VWI), VWI–SWA, III.2.1.9, Korrespondenz Varia, Buchstabe H, zu Horowitz; Manx National Heritage, MS 14462, Horowitz family papers relating to fleeing Austria in 1938, settling in the Isle of Man and later financial compensation.

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