Wilhelm Levy (Lewy) war der Sohn einer als patriotisch beschriebenen mittelfränkischen Familie. Sein Vater, der in Kirchplatz/Posen geborene Kaufmann Heinrich Levy (1845-1916), hatte als Teilnehmer des Deutsch-Französischen Kriegs 1870/71 die „Kriegsgedenkmünze für Combattanten 1870-71“ erhalten, war Vorsitzender des „Veteranen- und Kampfgenossenvereins“ in Georgensgmünd und sorgte 1890 für die Errichtung eines Kriegerdenkmals in der Stadt. Heinrich Levy war zunächst mit der 1877 verstorbenen Rosalie Seelings verheiratet, in zweiter Ehe mit ihrer 1852 geborenen Schwester Pauline Seeling. Aus der ersten Ehe stammt die Tochter Babette, Wilhelms Halbschwester.1
Seit 1911 in Bad Reichenhall
Nach seinem Medizinstudium war Wilhelm Levy zunächst in Nürnberg tätig. 1911 ließ er sich in der Villa Maria Viktoria in Bad Reichenhall, Ludwigstraße 16 als Arzt für Innere Medizin, Pulmologie und Hals-, Nasen- und Atmungserkrankungen nieder. Im Ersten Weltkrieg stieg er zum Oberarzt der Reserve auf.2
Flucht nach Demütigungen
Nach 1933 sah sich Levy als Jude Repressalien ausgesetzt. So wurde er durch eine vor seinem Grundstück aufgestellte Lautsprecheranlage schikaniert. Den Kurgästen wurde seitens der Pensionsbesitzer die Praxis nicht mehr empfohlen.3 Am 10. August 1936 floh er aus Bad Reichenhall mit seiner Frau Elsa und dem gemeinsamen Sohn zunächst nach Prag.4 Mit dem Passagierschiff „Vulcania“ verließ die Familie am 10. September 1936 von Triest aus Europa. Am 24. September 1936 erreichte sie New York.5 In den USA lebte Wilhelm Levy zunächst in New York, West End Avenue. 1943 nahm er den Namen seiner Frau an und hieß fortan William Henry Sellings, seine Frau Elsa nannte sich fortan Yella Sellings.6
Kurz vor seinem 82. Geburtstag starb Wilhelm Levy am 20. Februar 1962 in Los Angeles/Kalifornien.7
Tod von Mutter und Halbschwester
Levys Mutter starb nach Jahren der Verfolgung – sie lebte seit 1933 in einem Münchener jüdischen Altenheim an der Mathildenstraße, das nach den Pogromen vom 9. November zeitweilig geschlossen wurde – am 13. November 1940 im Alter von 88 Jahren.8 Seine Halbschwester Babette Wittkowsky kam 1943 in Theresienstadt unter nicht näher bekannten Umständen ums Leben.9