Hans Rothmann wurde 1899 als Sohn des jüdischen Internisten und Neurologen Max Rothmann (1868–1915) und dessen Ehefrau Anna geb. Neumann (1871–1936) in Berlin geboren.1 Max Rothmann hatte sich nach Studium in Freiburg und Berlin sowie mehrjähriger Assistenzzeit bei Albert Fraenkel (1848–1916) und Hermann Munk (1839–1912) 1899 für das Fach Neurologie habilitiert. Als außerordentlicher Professor an der Universität in Berlin arbeitete und forschte er insbesondere zur Neuroanatomie. 1915 starb er durch Suizid.2
Hans Rothmann besuchte das Mommsen- und das Köllnische Gymnasium, bevor er im Juni 1917 zum Kriegsdienst einberufen wurde. Er diente unter anderem als Sanitäter in einem Seuchenlazarett in Sedan.3 Sein Abitur legte er während eines Fronturlaubes am Gymnasium zu Rostock ab und schrieb sich an der Universität für Medizin ein. Nach Kriegsende der Garnison in Münster (Westf.) zugeteilt, konnte er parallel die dortige Universität besuchen.
Nach Entlassung aus dem Wehrdienst studierte Rothmann Medizin in Rostock und Berlin, wo er im Juli 1923 das Staatsexamen ablegte. Das Praktisches Jahr absolvierte er bei Bernard Brouwer (1881–1949) an der neurologischen Klinik in Amsterdam und bei Friedrich Kraus (1858–1936) an der II. Medizinischen Klinik der Charité.4 In Amsterdam schloss er einen Forschungsaufenthalt bei Cornelius Ubbo Ariëns Kappers (1877–1946) am Niederländischen Zentralinstitut für Hirnforschung (Nederlands Centraal Instituut voor Hersenonderzoek) an.5 1924 erhielt Rothmann die Approbation und wurde im selben Jahr in Berlin unter Kraus und Kurt Dresel (1892–1951) mit einer Arbeit „Ueber Eiweissspeicherung in der Leber nach Eiweissmast und die Einwirkung des Adrenalins auf dieselbe“ zum Dr. med. promoviert.6
Universitäre Laufbahn
Rothmann blieb bei Kraus an der Klinik, zunächst als Volontär-, dann als wissenschaftlicher Assistent. Parallel ließ er sich als Arzt in Berlin nieder. Er wurde Privatassistent von Theodor Brugsch (1878–1963). Als dieser im Oktober 1927 zum Direktor der Klinik und Lehrstuhlinhaber für Innere Medizin nach Halle berufen wurde, ging Rothmann mit und wurde dort Stationsarzt an der Medizinischen Universitätsklinik. 1930 habilitierte er sich nach einer Antrittsvorlesung über „Die Einsonderungsorgane in ihrer Beziehung zur Konstitution“ für das Fach Innere Medizin und lehrte fortan als Privatdozent.7
Rothmann arbeitete zu vielen Themen im Bereich der experimentellen Medizin. Ein Schwerpunktinteresse galt stoffwechselphysiologischen Fragestellungen.8
Nationalsozialistische Repressionen und Emigration in die USA
Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme wurde Rothmann gedrängt, sich im Frühjahr 1933 auf eigenen Antrag beurlauben zu lassen. Im September 1933 wurde ihm unter Berufung auf § 3 des „Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ die Lehrbefugnis entzogen. Am 10. Oktober 1933 wurde er zwangsweise in den Ruhestand versetzt, die Gehaltszahlungen wurden zum Dezember 1933 eingestellt.9
Ein zunächst von Rothmann favorisierter Plan, nach Schweden zu emigrieren, scheiterte.10 Zur Sicherung seines Auskommens zog er zurück nach Berlin und eröffnete dort eine Privatpraxis. Aufgrund der fortgesetzten Repressionen entschloss er sich 1936 zur Emigration in die USA. Über Frankreich (Le Havre) erreichte er an Bord des Passagierschiffs „Normandie“ New York am 12. Oktober 1936.11
Ärztliche Tätigkeit in den USA
Nach Erhalt der ärztlichen Zulassung des Bundesstaates New York eröffnete Rothmann im Juli 1937 eine Privatpraxis. Parallel arbeitete er als klinischer Assistent am Beth David Hospital in New York.12
In San Francisco lernte Rothmann Frances Bertha Bransten (1914–1984) kennen, die er 1938 heiratete.13 Aus der Ehe gingen drei Kinder hervor, Susan (*3. Dezember 1938), William (*22. Februar 1940) und John (* 2. März 1949). 1940 erhielt Rothmann die amerikanische Staatsbürgerschaft, die Familie siedelte von New York an die Westküste um. Um die kalifornische Approbation zu erlangen, absolvierte Rothmann ein Jahr als Praktikant am Franklin Hospital und am Mount Zion Hospital in San Francisco.14
Nach Erhalt der kalifornischen Zulassung 1942 diente Rothmann zunächst im Pazifikkrieg als Militärarzt der U.S. Army, zuletzt im Rang eines Majors.15 Nach Kriegsende ließ er sich als Internist mit einer eigenen Praxis in San Francisco nieder.
Rothmann war Mitglied bedeutender US-amerikanischer medizinischer Gesellschaften, darunter der San Francisco Medical Society und der Medical Society of the County of New York.16
Familie
Rothmanns älterer Bruder Otto (1896–1914) meldete sich 1914 als Kriegsfreiwilliger und fiel noch im gleichen Jahr.17 Der Verlust des ältesten Sohnes belastete den Vater sehr. Dies und der kurze Zeit später gescheiterte Versuch, den erst 15-jährigen Hans bei der Marine als Kadetten anzumelden, führten schließlich zum Suizid Max Rothmanns.18
Die jüngere Schwester Eva (1897–1960) wurde ebenfalls Ärztin. Sie war mit dem Neurologen und Psychiater Kurt Goldstein (1878–1965) verheiratet. Nachdem dieser von SA-Soldaten verhaftet und misshandelt worden war, verhalf sie ihm zur Flucht über Zürich nach Amsterdam. Dort lebte das Ehepaar, unterstützt durch die Rockefeller Foundation, für ein Jahr und wanderte anschließend in die USA nach New York aus.19
Gedenken
2013 erinnerte die Universität Halle in einem Gedenkakt an ihre im Nationalsozialismus vertriebenen Mitglieder. Unter den Anwesenden war auch Rothmanns jüngster Sohn John F. Rothmann, der mit seiner Familie aus den USA angereist war und eine bewegte Rede hielt.20